Leserbrief ein Mutter,
taz vom 28. 12. 00 : “Scheinheilige Unterhaltsregelung” zum Artikel
"Im Zweifelsfall fürs Kind" weiter unten auf dieser Seite 01.03.01: MBI - PRESSEERKLÄRUNG: MBI stellen
Anfrage zu den Auswirkungen des unsozialen Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechtes für Kinder seit 1.1.2001 Rundbrief des Hessischen
Landkreistages Nr. 423/2000 zur Änderung des Kindesunterhaltsrecht: “Unsozial, bürokratischer Mehraufwand unvertretbar und verfassungsrechtlich bedenklich!” weiter unten auf der SeiteHamburger Abendblatt vom 3.1.2001
http://www.abendblatt.de/bin/ha/set_frame/set_frame.cgi?seiten_url=/contents/ha/news/p olitik/html/301200/ERZIIEHH11.HTM
Wer wenig verdient, muss mehr zahlen Kuriosum der neuen Unterhaltsregelung
Von STEFAN C. DICKMANN Hamburg - Um die finanzielle Situation der Kinder von Alleinerziehenden zu verbessern, hat die Bundesregierung eine Gesetzesänderung beschlossen, die´vom 1. Januar 2001 an gilt. Auf
den ersten Blick ist das eine positive Nachricht, auf den zweiten Blick verursacht sie aber nur Kopfschütteln. Denn die Regelung geht zu Lasten der Menschen, die jeden Monat ohnehin wenig Geld zur Verfügung
haben.Sozialhilfeempfänger profitieren gar nicht Vor allem Väter, die weniger als 2400 Mark netto im Monat verdienen, müssen durch die Gesetzesänderung deutlich mehr Kindesunterhalt zahlen als
bisher.Väter, mit einem Einkommen von mindestens 3900 Mark und mehr bleiben dagegen finanziell verschont und zahlen so viel wie bisher. Die Regelung ist zudem so angelegt, dass die rund 300 000 allein
erziehenden Sozialhilfeempfänger in Deutschland - das sind überwiegend Frauen - finanziell gar nicht besser gestellt werden. Vielmehr profitieren von den höheren Zahlungen der Väter die Sozialämter, weil
sie dadurch weniger Sozialhilfe zahlen müssen - pro Jahr mehrere Hundert Millionen Mark.Bislang konnte jeder, der für sein Kind Unterhalt zahlt, sich die Hälfte des Kindergeldes von 270 Mark, also 135 Mark,
für das erste Kind bei seinen Unterhaltszahlungen anrechnen lassen, weil dieses Geld grundsätzlich Vater und Mutter zusteht. Denn das gesamte Kindergeld wird an den Elternteil ausgezahlt, der das Kind
erzieht. Das wird zum 1. Januar für Unterhaltszahler mit einem Nettoeinkommen von weniger als 2400 Mark gar nicht mehr und für jemanden, der zwischen 2400 und 3900 Mark verdient, nur noch teilweise
möglich sein. Und weil das Kindergeld bei der Sozialhilfe angerechnet wird, heißt das: Ein Vater, der die 135 Mark bislang von der Höhe seiner Unterhaltszahlung abziehen durfte, zahlt zwar bald 135 Mark mehr
- aber das Sozialamt kürzt um diese Summe die Sozialhilfe der allein erziehenden Mutter. Die Bundesregierung möchte mit der Gesetzesänderung eigentlich das Existenzminimum der Kinder sicherstellen.
Maßstab dafür ist die so genannte Düsseldorfer Tabelle, die die Höhe des Kindesunterhalts regelt. In ihr sind 13 Einkommensgruppen aufgeführt, angefangen mit der Gruppe der Geringverdiener, die ein
Nettoeinkommen von weniger als 2400 Mark im Monat haben bis hin zu den Spitzenverdienern mit 8000 Mark netto und mehr. Das Existenzminimum eines Kindes gilt durch die Zahlungen ab der Einkommensgruppe
erreicht, die über 3900 bis 4300 Mark netto im Monat verfügt. Wer so viel verdient, muss für ein bis fünf Jahre altes Kind eigentlich 480 Mark, für ein sechs bis elf Jahre altes Kind 582 Mark, für ein 12-
bis 17-jähriges Kind 689 Mark und für ein Kind älter als 18 Jahre 796 Mark zahlen. Er darf allerdings von diesen Beträgen jeweils die Hälfte des Kindergeldes abziehen, zahlt also faktisch nur 345, 447, 554
oder 661 Mark, denn mit diesen Summen gilt das Existenzminimum als gesichert. Väter, die weniger verdienen, dürfen diese Summe allerdings so gut wie gar nicht mehr unterschreiten. Für den Hamburger Carsten
Brand, der für seine elfjährige Tochter Unterhalt zahlt und im Monat nicht mehr als 2400 Mark verdient, heißt das zum Beispiel: Er muss vom 1. Januar an statt 296 Mark 431 Mark zahlen, weil er die Hälfte des
Kindergelds nicht mehr anrechnen darf. Der 36-Jährige empfindet es als ungerecht, dass jemand mit einem Einkommen von mindestens 3900 Mark für eine ebenfalls elfjährige Tochter dies sehr wohl weiterhin darf
und statt 582 Mark lediglich 447 Mark zahlen muss. "Wo bleibt die soziale Gerechtigkeit?" Auch Familienanwälte kritisieren diese Regelung. "Die Väter mit niedrigem Einkommen verdienen doch
plötzlich nicht mehr im Monat", sagt die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Familien- und Erbrecht im Anwaltsverein, Ingrid Groß. "Also müsste man entweder die Steuern für die unteren
Einkommensgruppen senken oder deren Kindergeld erhöhen. Aber das geschieht nicht."Das Bundesfamilienministerium argumentiert, bei dieser Gesetzesänderung gehe es um einen finanziellen Ausgleich zwischen
den Elternteilen. Doch für Carsten Brand steht fest: "Bei der jetzigen Gesetzesänderung kann man von sozialer Ungerechtigkeit sprechen. War nicht diese Regierung mit dem Ansatz der sozialen
Gerechtigkeit angetreten?" Hessischer Landkreistag Gertrud-Bäumler-Str. 28 65189 Wiesbaden http://www.HessischerLandkreistag.de
RUNDSCHREIBEN
Nr.423/2000
a) Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und zur Änderung des Kinderunterhaltsrechts
b) Drittes Gesetz zur Änderung des Bundeserziehungsgeldgesetzes Sehr geehrte Damen und Herren! Zu a: Bei der Beratung des vorgenannten Gesetzes im Bundestag ist überraschend und ohne
Anhörungsverfahren ein neuer Artikel 4 - Unterhaltstitelanpassungsgesetz - in den Gesetzentwurf aufgenommen worden (Anlage 1). Nach Abs. 2 des Art. 4 soll künftig die Anrechnung des Kindergeldes beim
Unterhaltspflichtigen unterbleiben, soweit dieser nicht in der Lage ist, Unterhalt in Höhe von 135 % des Regelbetrages zu leisten.
- Diese Ergänzung wird zu einer weiteren Komplizierung des Unterhaltsrechts,
- zu einem unvertretbaren hohen Verwaltungsaufwand aufgrund des Wegfalls des Vorteils der Dynamisierung und
- häufig auch zur Zweigleisigkeit von Unterhaltsverfahren führen.
Über den Landkreis Darmstadt-Dieburg haben wir eine Berechnungstabelle des Bundesjustizministeriums erhalten, die dem Rundschreiben als Anlage 2 beigefügt ist. Es ist davon auszugehen, dass viele
verheiratete Väter nach der ersten Stufe des Regelbetrages den geforderten Unterhalt nicht zahlen können. Die Rechtsprechung hat für Hessen einen Selbstbehalt von 1.600,- DM festgelegt. Als sozial
ungerecht ist zu bewerten, dass ein Vater mit ca. 4.000,- DM netto (Stufe6) tatsächlich monatlich den g}eichen Unterhaltsbetrag zahlen soll wie ein Vater mit 2.400,- DM (Stufe1).
Es bestehen nicht unbegründete Bedenken gegen den verfassungsrechtlichen Charakter der Neuregelung. Dies ist aus der vom Bundestag beschlossenen Entschließung zu entnehmen, mit der die Bundesregierung
gebeten wird, zügig und mit allem Nachdruck das geltende Unterhaltsrecht, insbesondere hinsichtlich der Abstimmung seiner Inhalte mit sozial- und steuerrechtlichen Parallelregelungen sowie der
Auswirkungen der in § 1612 b Abs. 5 BGB vorgeschlagenen Änderungen in der Praxis, gründlich zu überprüfen und Vorschläge zu einer Neuregelung einzubringen. Es ist ein bemerkenswerter Vorgang, dass eine
derartige Überprüfung negativer Folgen eines Gesetzentwurfs für die Praxis nicht vor der gesetzlichen Neuregelung, sondern im Nachhinein vorgenommen werden soll. Die Bundesvereinigung der kommunalen
Spitzenverbände hat sich in dieser Sache an die Justizministerinnen und Justizminister der Länder gewandt und gebeten, im Bundesratsverfahren der beabsichtigten Neuregelung des § 1612 b BGB nicht zuzustimmen
(Anlage 3), Der Bundesrat hat jedoch zwischenzeitlich beschlossen, nicht den Vermittlungsausschuß zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und Änderung des Kindesunterhaltsrechts
anzurufen und damit dem Gesetzentwurf zugestimmt. Das Gesetz wird daher demnächst im Bundesgesetzblattmit Inkrafttreten zum 01.01.2001 veröffentlicht werden. Zu b: Im Rahmen des
Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundeserziehungsgeldgesetzes (Anlage 4) ist das SGB VII mit Inkrafttreten zum 1. Januar 2001 geändert worden. Auch hiervon geben wir Ihnen Kenntnis.
Mit freundlichen Grüßen Rost, Referent
Mehr Infos hier: Kindesunterhalt-Änderung-Leitseite
Gefunden unter:
http://www.taz.de/tpl/2001/01/06.nf/text.Tnamen
,a0123.list,TAZ_txt.idx,100 Scheinheilige Unterhaltsregelung betr.:
"Im Zweifelsfall fürs Kind", taz vom 28. 12. 00 Ich selbst bin allein
erziehende Mutter eines Kindes, dessen Vater sich nicht die Bohne um sein Kind schert. Was aber das Kindschaftsrecht angeht, hat es in den letzten Jahren kein ungerechteres und scheinheiligeres Gesetz
gegeben, als die von Ihnen begrüßte neue Unterhaltsregelegung. Diese Gesetz hat nur ein Ziel: die Sozialkassen aufzufüllen und gut verdienende Steuerzahler zu entlasten. Es handelt sich um die Umwandlung
öffentlicher Ansprüche in private. Die 1 Millionen Kinder in Deutschland, die von Sozialhilfe leben müssen, sehen von dem Geld keinen Pfennig. Der vom Vatergezahlte Unterhalt wird nämlich wie das Kindergeld
komplett von der Sozialhilfe abgezogen. Statt der sicheren Sozialhilfe, auf deren Zahlung sich Mütter und Kinder verlassen konnten, sind sie jetzt wieder von der Zahlungsbereitschaft der Väter abhängig
oder müssen einen nervenzerreibenden Rechtsstreit führen. Gerade mäßig verdienende Väter werden kaum gern und freiwillig bis zu ihrem eigenen Existenzminimum Unterhalt zahlen. Mehr Geld erhalten lediglich
die Kinder, deren sorgeberechtigten Mütter selbst arbeiten gehen. In diesem Fall ist aber gerade, wenn die Väter auch nicht besser verdienen, nicht einzusehen, wieso diese für die gesamten materiellen
Bedürfnisse des Kindes aufkommen müssen, während den Müttern ihre Betreuungsleistung als gleichwertige Leistung angerechnet wird, sodass sie keinen Pfennig ihres Einkommens für ihr Kind aufbringen müssen.
Dies ist besonders bitter für Väter, die sich tatsächlich um ihre Kinder kümmern. Den Vätern wird nämlich ihre Betreuungsleistung nicht auf den Unterhalt angerechnet, sie gilt lediglich als Ausübung ihres
Umgangsrechts. BRITTA BREMER, Essen |